Mai 11, 2022

Mehr oder weniger Moderation für soziale Netzwerke

Von admin

Elon Musk kauft Twitter und die Welt gerät aus dem Häuschen. Die einen sehen in Musk eine Art Messias der Meinungsfreiheit, die anderen halten ihn für den Satan persönlich. Ich möchte in die Diskussion um Elon Musk gar nicht einsteigen, stattdessen müssen wir uns Gedanken machen, wie viel Moderation Soziale Medien brauchen. Denn das Problem stellt sich nicht nur bei Twitter oder YouTube, sondern auch bei der Moderation der Kommentare auf einer x-beliebigen Seite.

Selbst innerhalb einer Zeitung gibt es teilweise unterschiedliche Stimmen. Nur Pseudoliberale leiden an der Meinungsfreiheit, schreibt die überzeugte Liberale und Chefreporterin Anna Schneider auf welt.de, während ihr Kollege Hannes Stein im gleichen Portal deutlich zurückhaltender ist. Dass bei einer Zeitung so unterschiedliche Meinungen zu finden sind, acht in meinen Augen den Reiz der neuen „WELT“ aus. Sie hat damit jene Rolle übernommen, die lange die Wochenzeitung „DIE ZEIT“ innehatte, nämlich jener Ort zu sein, an dem man am ehesten auf unterschiedliche Meinungen trifft (auch wenn sowohl die alte „ZEIT“ als auch die neue „WELT“ natürlich bestimmte Vorlieben hatten beziehungsweise haben). Und das sage ich nicht nur, weil ich eine Provision erhalte, wenn jemand über diesen Link WELTplus abonniert:

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Moderation ist nicht gleich Moderation

Aber zurück zur Moderation. In der Diskussion um mehr oder weniger Moderation gilt es zunächst, drei Arten zu unterscheiden, nämlich der Ausschluss von Beiträgen wegen

  • verletzender und abwertender Beiträge,
  • inhaltlicher Fehler,
  • abweichenden Meinungen.

Fast alle sind sich einige, dass Beleidigungen und Beschimpfungen nicht geduldet werden müssen. Gerade die Anonymität und die geographische Ferne führen dazu, dass Menschen sich im Internet deutlich schneller beleidigen als im direkten Gespräch.

Schwieriger wird es beim zweiten Punkt. Inhaltliche Fehler sind nicht immer einfach objektiv festzustellen. Was ist mit der Aussage „die Klimaerwärmung ist kein Problem für Mensch und Natur“? Die Aussage widerspricht der Meinung des größten Teils der Forschungsgemeinschaft. Ist sie deshalb unzulässig? Und wenn ja, wie sieht es mit anderen Fragen aus, wo die Forschungslage weit weniger eindeutig ist? Die Behauptung, das Coronavirus käme aus einem Labor, wurde von Twitter lange als Falschnachricht eingestuft. Mittlerweile sind sich die Expertinnen und Experten nicht mehr so sicher.

Wie sieht es bei der inhaltlichen Moderation aus? Weil unsere Seite texter-werden.com heißt und nicht twitter-moderator-werden.com, sollten wir den Blick mal etwas weiter bewegen. Was, wenn auf einer Firmenseite eine Kundin schreibt, das beworbene Produkt seit total überteuert. Sollte man das löschen?

Wer eine Seite betreibt, hat grundsätzlich das Recht, solche Beiträge zu löschen. Allerdings würde ich davon abraten, wenn der Beitrag nicht beleidigend oder Ähnliches ist. Stattdessen sollte die Kritik aufgenommen werden. Wer, wie ich, häufig für Vergleichsseiten arbeitet, kann seinen Text auch noch mal kritisch hinterfragen. Wenn zehn Kommentare über schlechten Service bei einer als gut empfohlenen Bank schreiben, vielleicht müssen wir selbst die Bewertung dann noch mal überprüfen.

Twitter und YouTube sollten da noch vorsichtiger sein. Denn auch wenn es Privatunternehmen sind, haben sie mittlerweile so viel Macht, dass sie diese nicht zu einfach missbrauchen dürfen.

In der Praxis ist es schwieriger

Was in der Theorie so einfach klingt, ist in der Praxis natürlich schwieriger. Auf das Problem bei der Untersuchung von Fakten habe ich schon hingewiesen, wahr ist meistens das, was zu unserem Weltbild passt.

Aber auch die Abgrenzung zwischen Beleidigung und Meinungsfreiheit ist nicht so einfach. Meinungen über bestimmte Personen oder Gruppen können natürlich von diesen als Beleidigung empfunden werden. Oft hilft es, sich den umgekehrten Satz vor Augen zu führen, beispielsweise in einer Aussage über Männer das Wort „Männer“ durch „Frauen“ zu ersetzen.

Letztlich wird es immer Entscheidungen geben, die umstritten sind und niemand wird seine Meinung ganz ausblenden können. Aber Ziel sollte es sein, bei Beleidigungen restriktiv und bei abweichenden Ansichten großzügig zu sein.

Twitter hat das übrigens nicht geschafft, viele Beleidigungen durften und dürfen problemlos veröffentlicht werden, während auf der anderen Seite Beiträge aus Gründen politischer Sympathien und Antipathien gelöscht wurden. Ob es unter Musk besser wird, bleibt abzuwarten.